Welche Ersatzteile sollte man auf Motorrad-(Fern-)Reisen mitnehmen?

Eine Frage, die uns ziemlich oft gestellt wird und auf die die Antwort wie so oft nicht pauschal möglich ist.

 

Wer z.B. in West-Europa oder Nordamerika reist, hat gute Chancen, vor Ort kurzfristig die meisten Teile sowie passende Reifen auftreiben zu können – vorbehaltlich, dass sein Motorrad-Modell im jeweiligen Land verkauft wird oder es kompatible Teile anderer Modelle gibt.

 

Spannender wird es, wenn die Ersatzteile z.B. in weniger entwickelten Ländern erst bestellt werden müssen. Das kann leicht mal einige Wochen dauern, da zu den reinen Lieferzeiten noch Zoll- und sonstige Verzögerungen kommen. Von Korruption und Diebstahl auf dem Versandtweg ganz zu schweigen. Und die Kosten sind oftmals auch nicht ohne. Wirtschaftsembargos können das Unterfangen sogar gänzlich unmöglich machen.

 

In Süd-Ost-Asien sind zudem Fälschungen Gang und Gäbe. Das kann fatale Folgen haben, wenn Reifen oder Ketten nur einen Bruchteil der erwarteten Lebensdauer schaffen und Ersatz „am Arsch der Welt“ dann unmöglich zu bekommen ist.

 

Unabhängig von diesen regional unterschiedlich akuten Gesichtspunkten sollte man gewisse Sachen ohnehin immer dabei haben.

 

Nachfolgend einige Erfahrungen und Anregungen zum Thema „welche Ersatzteile sollte man mitführen“.

 

Zuvor jedoch noch ein Tip: Sehr vorteilhaft ist es, zwei baugleiche Motorräder als Pärchen zu fahren, da man dann manche Ersatzteile, die man nicht so oft braucht, nur einmal mitnehmen muß. Außerdem kann man zur Fehlerdiagnose leicht mal etwas vom einem Motorrad am anderen einbauen.

Bremsbeläge – wir haben immer pro Motorrad mindestens einen kompletten Satz für alle Bremsen dabei. Wenn man z.B. den ganzen Tag durch sandhaltiger Schlamm oder viel Gefälle fährt, können Beläge in allerkürzester Zeit runter sein.

In manchen Ländern kann man Bremsbeläge übrigens „runderneuern“ lassen. Da wird dann die Trägerplatte der alten Beläge abgeschliffen und irgendwelche Reibflächen aus der Schrottkiste aufgenietet. Funktioniert ganz passabel, ist aber nur eine Notlösung, da sich die Beläge in der Regel sehr schnell abnutzen.

Wenn man Platz genug hat: Ersatzschlauch für vorne und hinten, da man hin und wieder Reifenpannen hat, die nicht mehr zu flicken sind.

Reifenflickzeug – auch wenn in manchen Ländern Reifenbuden, die Löcher vulkanisieren statt zu flicken, an (fast) jeder Ecke stehen, würde ich nie ohne fahren, denn auch hier gilt Murhpy´s law: Reifenpannen passieren immer zur Un-Zeit am Un-Ort.

Bei Schlauchreifen reicht ein ganz normales, so wie dieses:

Fahrrad-Schlauch-Flickset *

Für Motorrad-Schläuche verwendet man das gleiche Flickzeug wie für Fahrrad-Schläuche.

Für schlauchlose Reifen ist ein Schlauchlos-Flickset * zu empfehlen. Es schadet nicht, das mal zu Hause an einem alten Reifen zu üben, damit es im "Feldeinsatz" dann auch klappt.

Von Pannenspray rate ich auf Fernreisen ab. Das Zeug ist prima geeignet, um es (in Deutschland) bis zum nächsten Reifendienst zu schaffen. Aber es macht eine riesen Sauerrei, die man auf Fernreisen mühsam wieder entfernen muß, da man ja den Reifen in der Regel nach der Reparatur weiterfahren will.

Kupplungs- und Bremshebel – wir haben sie nie gebraucht, aber sie sind bei manchen Motorrädern extrem sturz- und bruchgefährdet.

 

Für alter Motorräder, deren Kupplung noch nicht hydraulisch, sondern mit Bowdenzügen (Drahtzug) arbeiten, ist ein Ersatzzug und ein Schraubnippel-Set * – nach unverzichtbar. Einen gerissenen Bowdenzug damit zu ersetzen, ist auch für Amateure gut machbar.

 

In Deutschland werden in der Regel Zug und Mantel (inner + outer cable) zusammen ersetzt. Ich hab statt dessen immer nur den eigentlich Zug auf Reserve, den sehr viel preiswerter ist als der komplette und zusammengerollt kaum Platz einnimmt.

 

Ich hab in einer eigenen Rubrik mal beschrieben, wie das geht: Bowdenzug ersetzen

Speichen – nach unserer persönlichen Erfahrungen, eher ein „nice to have“ und nur auf harten Strecken wirklich nötig.

 

Woran man nicht sparen sollte: Sicherungen, Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben und dergleichen mehr.

 

Für jedes Motorrad einen Satz Zündkerzen, die man übrigens schön geschützt in diesen Boxen unterbringen kann.

Ersatz-Luftfilter nehmen oft viel Platz weg.

Manche sind so gebaut, daß man nur das eigentliche Filterelement mit etwas Improvisationsgeschick neu machen kann.

Ich selbst bin ein großer Freund von K&N-Filtern, die ultra lange Reinigungsintervalle haben und dann ausgewaschen und mit speziellem Öl imprägniert werden müssen.

Man braucht zum Auswaschen übrigens nicht unbedingt die original K&N-Flüssigkeit und auch zum Einölen reicht ein Unversal-Luftfilter-Öl.

 

Für unser Motorrad ist die K&N-Reinigungs-Intervall-Empfehlung 80.000 km.

Tip: zwischen durch mal den Luftfilter auszuklopfen oder mit Druckluft durchzupusten, schadet trotz des genialen K&N-Mottos "let the dirt work for you" nicht.

Selbst in Ländern, wo wir ständig staubige Pisten gefahren sind, sind wir mit halbierten Intervallen (also 40.000 km) gut hingekommen.

 

Es gibt auch noch andere Hersteller bzw. Konzepte für wiederverwertbare Luftfilter.

Ölfilter, Motor-Öl war für uns von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen kein Problem.

Ein paar Ölablaßschrauben-Dichtringe mitzunehmen, ist vielleicht nicht dumm.

 

Gabelsimmeringe sind leicht und nehmen wenig Platz weg. Daher hab ich immer einen Satz dabei, auch wenn man undichte Simmerringe meistens mit dem Seal Doctor retten kann. Mehr dazu in der Rubrik "undichte Gabelsimmerringe"

Wenn man übrigens mal kein Gabelöl auftreiben kann, dann tut es auch ATF. Ich bin damit ab Indien auf der Weltreise problemlos über 20.000 km gefahren.

Lenkkopf- und Radlager haben speziell bei hohem Offroad-Anteil gute Chancen, irgendwann mal hinüber zu sein. Unsere Transalps haben diesbezüglich spektakulär gut gehalten.

Rudimentären Ersatz bekommt man selbst in Entwicklungsländern in der Regel problemlos, wenn man die Maße oder/und die DIN-Bezeichnungen kennt. Wer jedoch Qualitätsprodukte bevorzugt, kommt an der Bevorratung nicht vorbei.

Ein Lenkkopflager geht in der Regel nicht schlagartig kaputt. Bei Radlagern sieht das anders aus, womit es sinnvoll sein kann, Ersatz mitzuführen.

Komplette Kettensätze (mit Ritzel und Kettenblatt) wiegen dermaßen viel, daß sie alleine deshalb schon schlechte Kandidaten zum vorsorglichen Mitführen sind.

Allerdings läßt sich die Lebensdauer einer Kette wegen vieler Sondereinflüsse auf Fernreisen nur schwer berechnen, so daß man in manchen Situatione gut daran tut, Ersatz dabei zu haben.

Ein paar Kettenschlösser schaden zudem auch nicht, mit denen man zur Not eine Kette flicken oder verkürzt wieder verschließen kann.

Bei manchen Modellen gibt es bekannte Schwachstellen (Regler, etc.), für die das Mitführen von Ersatzteilen dringend geboten sein kann. Das ist von Motorrad zu Motorrad unterschiedlich.

 

Was ich nicht auf Vorrat mitnehmen würde: Glühbirnchen und Dergleichen. Die gehen einfach zu leicht im Koffer kaputt. Wenn ich mal eins defekt habe, kann ich auch für ein paar Tage (oder auch Monate) ohne fahren, bis ich ein Neues aufgetrieben bekomme.

 

Ohnehin sollte man sich stets fragen: Ist dieses Problem „vital“ für das Motorrad. D.h. kann ich wirklich nicht mehr weiter fahren ohne Reparatur/Ersatz? Fern ab von TÜV und deutscher Polizei lautet die Antwort häufig: ja! Solange es fährt und man selbst die Sicherheit verantworten kann, ist alles Bestens

Häufig ist statt perfektionistischem Arbeiten Improvisieren angesagt.

Zum Beispiel mit sogenanntem Flüssigmetall*, mit dem man weit mehr als nur gesprungene Schaugläser an Bremsflüssigkeits-Behältern reparieren kann:

Der Name Flüssigmetall hat seine Berechtigung: Das Zeug wird echt hart.

 

Eine gut brauchbare Alternative ist 2-Komponenten-Kleber *.

 

Sowohl Flüssigmetall, als auch Zwei-Komponenten-Kleber funktionieren ähnlich: Man drückt aus zwei bis dahin getrennten kleinen Behältern zwei mehr oder weniger zähe Flüssigkeiten heraus, die man dann verschmischt und auftragen kann. Diese Mischung härtet nach wenigen Minuten stark aus und hält bombig.

Weitere unverzichtbare Pflicht-Bestandteile meiner Improvisations-Trickkiste: 

  • Kabelbinder
  • WD40 (oder ein vergleichbares Kriech-Öl)
  • Sekundenkleber
  • Panzerband

Hier noch ein paar Tips zur Ermittlung von Ersatzteilnummern:

 

Ich erkläre es am Beispiel unserer Motorräder, aber es funktioniert genauso auch für andere Modelle und Marken.

 

Die Transalp wurde in den meisten Ländern der Erde nicht verkauft und selbst dort wo sie vertrieben wurde, sind Ersatzteile nicht automatisch auf Lager und teilweise auch nicht im Computer des Honda-Händlers ermittelbar.

 

So kann man die Honda-Nummern online rausfinden, mit denen wiederum der Händler schauen kann, ob er sie (für ein anderes Modell) auf Lager hat.

 

ZSF - XL700 Teile

 

Wenn man sein Ersatzteil gefunden hat, muß man die Artikelnummer = Hondanummer in das Suchfenster "Schnellkauf" eingeben. Bei dem so erzeugten Sucheregebnis den Hyperlink des Teile-Namens anklicken. Dann bekommt man eine Auflistung, bei welchen Modellen dieses Teil noch verbaut ist.

 

Die Methode, die auch sehr hilfreich für die Suche nach gebrauchten Ersatzteilen ist, funktioniert natürlich auch für andere Marken. Man muß sich nur eine passende Seite dafür suchen.

 

Unter www.louis.de  kann man in der „Bike-Datenbank“ alle Ersatzteile bestimmen, die es von Louis für das eigene Motorrad gibt.

Wenn man die Louis-Bestellnummer der so ermittelten Teile dann im Produkt-Suche-Fensterchen eingibt, werden alle Motorräder angezeigt, für die das Teil kompatibel ist. Mit etwas Glück findet man so bspw. ein Motorrad einer anderen Marke, das in dem Land, in dem man gerade ist vertrieben wird und das den gleichen Ölfilter, Bremsbelag etc. wie das eigene Krad hat.

 

Auch bei diversen Teile-Herstellern kann man über Motorrad-Typ-Datenbanken und "Rückwärts-Suchen" ähnliche Suchen durchführen.

 

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© Frank Panthöfer